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Werner Schwab "Abfall, Bergland, Cäsar"

Werner Schwab bläst zur Jagd, zur Jagd auf die Sätze, auf die Adjek tive, auf seine Figuren, auf den Erzählzusammenhang. Was dabei auf der Strecke bleibt ist nicht leicht zu entscheiden. Es ist eine anstrengende Jagd, für Schreiber und Lesenden.

"Abfall, Bergland, Cäsar - Eine Menschenansammlung" heißt der im Residenzverlag erschienene Text des jungen Österreichers (Jahrgang 58). Es ist ein Panorama von Figuren, für jeden Buchstaben des Alphabets eine, von A bis Z. Ironisch distanziert, bisweilen blutrünstig, setzt Schwab seinen Figuren und den Lesern zu. A landet im Irrenhaus - der unerwartete Gartenschlauch in der Küche war zuviel für ihn - , B bringt sich auf dem Schrottplatz um zu dem ihn ein unerwartet weiter Verdauungsspaziergang geführt hat, C ersäuft in der Jauchegrube eines Urlaubsortes, D findet auf der Suche nach Liebe nur Sex, verfällt dem gesellschaftlich vorgeprägten Balzritual. (Ob das aber nicht von der ebenfalls Österreicher Popband EAV schon besser karikiert worden ist?)

Doch die Figuren sind zum Beispielmaterial reduziert, nicht die Geschichten stehen im Mittelpunkt, sondern die Figur als Exempel. Nicht einmal die Sprache ist mehr selbstverständlich, Wortneuschöpfungen und gewöhnungsbedürftige Adjektiv-Nomen-Kombinationen machen das le-sen schwer. Gelegentlich blitzt ein Teilzitat aus Bibel, Kommunikationstheorie oder "neuer" Philosophie auf, um gleich darauf zu etwas ganz anderem umgebogen zu werden. Der Bildungsballast hat aufgehört zu funktionieren, das Erkannte hilft nicht. Die Logik des Textes muß sich der Leser selbst zusammensuchen, die theoretisch-philosophischen Zwischenstücke der Personenportraits verwirren gelegentlich mehr, als sie helfen.

Gerade hier, wo zunächst die Erwartung ensteht, daß Geschichten erzählt werden sollen, wird das Erzählende zurückgedrängt, zugunsten des Disaparaten, des Sprachspiels, zugunsten der Reflektion. Es entsteht der Eindruck am Fenseher durch die Kanäle zu springen. Oder: ein Musikvideo mit schnellen Schnitten, Ministories und Schnipseln, die die Musiker bei der Arbeit zeigen. Ist dies die Literatur der Videogeneration? Wenn ja, so müsste eben die das Lesen erst wieder lernen.

Manchmal wirkt das ganze maniriert: wenn sich der Autor ständig als "Autorenschaft" tituliert, immer wieder die Papierhaftigkeit der "gesammelten Menschen" beschwört. Doch als Gegengewicht zum "postpostmodernen" Dahererzählen ist Werner Schwabs Text allemal einen Blick wert.

(Oliver Gassner)

Werner Schwab: Abfall, Bergland, Cäsar. Eine Menschaenansammlung", Residenz Verlag, 1992, 132 Seiten


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