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"Wenn einer aufsteht..."

Projekt "Schritte gegen Tritte" zum Thema Jugendgewalt an der Haupt- und Realschule Illingen

In den Bus steigen zwei Jungs ein. "Geld her", "Steh auf, das ist mein Platz", es gibt gerempel. Einige Kinder gucken weg, der Busfahrer reagiert nicht, die Angesprochenen sind verängstigt. Ein Mädchen steht auf: "Raus hier." Andere stehen auf und drängen die Rowdys aus dem Bus.

Diesmal ist es nur ein Rollenspiel im Rahmen des Programms "Schritte gegen Tritte", das die evangelische Landeskirche an Schulen und für Konfirmandengruppen anbietet. In Illingen gehört das Programm zum festen Bestandteil des Unterrichts in den siebten Klassen der Haupt- und Realschule: Einen Tag lang lernen die Kinder, wie Gewalt und Ausgrenzung entstehen, wie es sich anfühlt, ein Flüchtling zu sein, und was man gegen Angriffe tun kann.

Geleitet wird der Workshop von der Diplompädagogin Regina Seitz und dem Pfarrer Klaus Schmid von "Dienst für Mission, Ökumene und Entwicklung" der evangelischen Landeskirche. Dass sie in Illingen sind, ist der Illinger Pfarrerin Christiane Kellner zu verdanken, die das Projekt an die Haupt- und Realschule gebracht hat. Begleitet wird der Aktions-Vormittag von der Illinger Jugendpflegerin Christine Bolte ("Treffpunkt I") und von zwei Lehrern, darunter der Klassenlehrer.

Die erste Übung für die Realschulklasse ist hart: Die einen müssen dicht zusammengedrängt sitzen, während eine ausgeloste Minderheit oben auf der Bühne erst mal ausgiebig frühstücken darf. Die Frühstücker tragen Anstecker mit der Aufschrift "Bürger", die anderen solche, auf denen "Flüchtling" steht. Was das soll, klärt sich auf, als die Kinder in einem Video erfahren, wie es Flüchtlingen auf dem Weg nach Deutschland in Deutschland geht: Notunterkünfte, Essenspakete, Enge, Anfeindungen. Dann wird die Situation realistischer: Im nächsten Rollenspiel sollen sie zwei ihrer Mitschüler einfach ignorieren. Irgendwann ist einer durch das gespielte Mobbing so frustriert, dass er beginnt, die anderen zu beleidigen, um überhaupt eine Reaktion zu bekommen. Das anschließende Gespräch klärt, dass sich Ausgegrenzte so Aufmerksamkeit verschaffen - und je größer die Frustration ist, desto eher suchen sie auch Aufmerksamkeit durch Gewalt. Nun verstehen sie auch, warum der gehänselte Klassenkamerad damals in der zweiten Klasse immer nur prügelte.

Dann kommt die Sache mit dem Bus. Neun Schüler besetzen die Plätze, zwei sind die Rowdys, die anderen beobachten. Und sie beobachten genau: Dass der Busfahrer zu spät eingreift, dass manche sich einfach nur ducken, dass andere die Rowdys sogar provozieren. Aber eben auch, dass sich andere anschließen sobald ein Mädchen aufsteht und eingreift.

Das wird dann auch am Video noch einmal klar: Drei Schauspieler posierten in der U-Bahn von Frankfurt als ein Ausländer und zwei Neo-Nazis, die den Ausländer bedrängten. Zwei verstecke Kameras filmten. Die meisten Fahrgäste traten die Flucht an, nur wenige griffen ein. Aber das Muster war das selbe wie im Rollenspiel der siebten Realschulklasse: Kaum stand jemand auf, um sich einzumischen, kam auch schon Hilfe von anderen. "Eingriff ohne Angriff" lautet das Rezept, dass die Referenten den Kindern nahe legen möchten.

Das Programm des Tages ist umfangreich doch die Schüler haben sich bereits in Klasse 6 mit dem Thema Gewalt an einem Aktionstag auseinandergesetzt. Heute lernen sie dann auch noch, was "Gewalt durch die Gesellschaft" ist und wie Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu Gewalt beitragen. Und sie erfahren: "Wenn einer gegen Gewalt aufsteht, dann machen die anderen auch mit."

Gelegentlich kommen bei solchen Aktionstagen in den kleinen, nach Geschlechtern getrennten Gesprächskreisen dann Probleme auf den Tisch, die weiterer Aufmerksamkeit bedürfen. Deswegen stehen Jugendpflegerin Christine Bolte und Pfarrerin Kellner auch jeden Dienstag und Donnerstag in der großen Pause als Ansprechpartnerinnen zur Verfügung. Da wird dann geredet - oder auch mal gebastelt und gemalt oder auf eine Arbeit gebüffelt.

[ggf. ab hier als kleiner Kasten.]

"Schritte gegen Tritte" ist ein Anti-Gewalt-Programm, das von Klaus J. Burkhardt aus Braunschweig als Missionspfarrer in einem Landlosenlager in Südafrika entwickelt und für Deutschland angepasst wurde. Es findet an der Illinger Grund- Haupt- und Realschule im dritten Jahr statt.

http://www.schrittegegentritte.de


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