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"Do weiß i von vorneweg glei: Aha!"
Rolf Miller über Karneval, Alkohol und Mode bei seinem Kabarettprogramm "Der Spaß ist voll" in der Stadthalle Maulbronn
Rolf Miller schlurft auf die Bühne der Stadthalle Maulbronn, wischt sich mit den Fingern die Nase, zieht die Hose hoch, fummelt am Gürtel, entdeckt ein Stäubchen auf dem Boden, wedelt es von der Rampe und stammelt. Also, macht keinen vollständigen, Sie wissen schon. "70 Prozent der Jugendlichen haben zu 100 Prozent Probleme it ihrem Sprach-...Dings." Für so einen Satz braucht Rolf Miller eine halbe Minute. Er ist aus dem Odenwald. Da hat man Zeit und hört zu.
Aus Gemeinplätzen und Vorurteilen montiert der Kabarettist in seinem Programm "Der Spaß ist voll" eine Figur, dem Besitzer eines Getränkehandels, mit seiner Frau, die nur "die Ding" heißt, mit seinem depressiven und arbeitslosen Schwager, dem Diplombauingenieur, dessen Frau, einer Multikulti-Tierschutz-Feministin und mit seinem dicken, gewalttätigen und ewig frauenlosen Alki-Angestellten.
Diese Konstellation, ein aus zehn Gesten und 200 Worten bestehender Kommunikationsschatz und ein Stuhl auf der Bühne genügen Rolf Miller um in die Abgründe der deutschen Seele zu tauchen. Mal ist er ratlos, reckt hilfesuchend die Arme zum Himmel, mal verschränkt er zufrieden die Arme, mal fläzt er sich grinsend auf den Stuhl. Mal fühlt er sich hilflos in einer Welt, die er nicht mehr versteht, mal preist er alkoholisierten Humor und das Betrachten des Familienalbums als Heilmittel für alle zwischenpersönlichen und gesellschaftlichen Anfechtungen an.
Wen aber nimmt er eigentlich aufs Korn? Denn das sollte Kabarett und Komödie tun. Lässt er den Hofnarren aus dem Plebs den Gutmenschen da oben die Meinung sagen? Das klänge dann so: "Die Frage ist nicht, bin i für oder gege' de' Krieg, sondern kann i mit solche Leut en Krieg noch gewinne?" Passt das dann zu den inzwischen ja auch arrivierten Politikern unterlaufenden Selbstentlarvungen a la "Der Ausländer ist halt ein Volk für sich." Oder "Wenn einer aus Istanbul ist und hier geboren, ja dann kann ich ihm auch nicht helfen?"
Die Frage, ob sich Miller über den engstirnigen kleinen Mann lustig macht oder nicht doch über die ehemalige Strickpulloverfraktion, die inzwischen ganz ordentlich gekleidet in ansehnlicher Zahl im Publikum sitzt, bleibt offen. Reines Geblödel, das auf neudeutsch Comedy heißt, ist es jedenfalls nicht.
Manche Ideen sind ganz witzig, die Aquariumspflicht für Silberfische oder der Waffenschein für Mottenkugeln beispielsweise. Davon hätte es etwas mehr sein dürfen. Die Idee, einen eher beschränkte Figur zu erschaffen, mag zwar reizvoll sein, aber mit eingegrenzten geistigen Mitteln lässt sich halt mir schwer wirklich amüsantes Kabarett machen: nämlich intelligentes. Eulenspiegel und andere Hofnarren spielen nur die Naiven, sie sind aber niemals selbst doof.
Einiges wirkt bei Rolf Miller lediglich abgearbeitet: Mode, Plateausohlen, Extasy und Studiengebühren, Schützenvereine, alkoholisierte Autofahrten und die enge Verbindung von Faschingsdienstag mit Sex für alle.
Zwiespältig wie das Programm war auch die Zugabe: Das war ein Mix aus nicht ganz frischen Witzen, die nicht besonders originell präsentiert wurden, und ein paar Gags, die lautere und längere Lacher hatten als alles davor. Man wird sehen ob diese Erfahrung in das nächste Programm einfließt.
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