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"Provinz ist, wo man Lehrer für Intellektuelle hält." Der Blick von Andreas Rebers schwebt gedankenverloren über dem Publikum. Dann erklärt er, wie man richtig Rüben hackt. Rückwärtsgehend. "Da liegt die Zukunft immer hinter dir.", philosophiert er, oder: "Im Laufe des Lebens nimmt die Vergangenheit quantitativ zu." Wer aber glaubt, er habe sich ins philosophische Cafe verirrt, der - irrt.
Andreas Rebers (Ex-Lach- und Schießgesellschaft, München) ist an diesem Abend in der Peterskirche der "diensthabende Alleinunterhalter" (Rebers über Rebers) und spielt eine Rolle: Die Rolle des typischen (nord-)deutschen Flachlandbewohners, geprägt vom Marschrhythmus der Volksmusik und des Rübenhackens ("Uff-tata, hacke-di-hack."). Ein bisschen rassistisch, etwas mehr frauenfeindlich, her und da einen Behindertenwitz eingeflochten balanciert Rebers auf dem Grat, auf dem der Kleinbürger sich immer bewegt; zwischen Ordnungsliebe und gnadenloser Feindschaft gegen alles, was ihn bedrohen könnte: Ehefrau, Intellektuelle, Ausländer.
Wenn Rebers dann im Lied "Günthertreffen" die letztmögliche Schlagerparodie liefert und Hans Albers, Hitler und Heino gleichzeitig imitiert, wenn er so lange auf dem Akkordeon Schnipsel aus Volksweisen im Rübenhackrhythmus anstimmt, bis das Publikum dann doch mitklatscht, dann führt er seine Zuhörer vor einen Spiegel, der ihnen klar macht, wie anfällig sie für jede Art von Manipulation sindt - wenn an diesem Abend auch nur von der Bühne aus.
Doch Rebers gibt nicht nur den Pantoffelfaschisten: Er durchleuchtet den deutschen Charakter bei seiner Liebeserklärung an eine ausgeräumte Spülmaschine, bei seiner Pathologie des Reinlichkeitsfimmels: "Und ganz zum Schluss nehme ich den schlesischen Lappen und poliere den Wasserhahn von innen." Und Rebers kann blödeln. Da lässt er eine Salve an witzigen Kinderfragen los (Warum heißen Turnschuhe "Puma" und Autos "Enten"?) und mündet bei "Was ist eigentliche ein Adidas?" oder er imitiert Walgesänge fast noch besser als vorher Heino und Hitler. Überhaupt ist sein Gesang fast am besten, wenn er imitiert und parodiert. So im Zugabenlied "Mikrofon", wo Konstantin Wecker, "Superstar" Daniel K., Howard Carpendale und Herbert Grönemeyer im schnellen Wechsel je eine Verszeile singen dürfen. Und bei der letzen von drei Zugaben gibt sich Rebers als holländischdeutsch-nuschelnder Lebensmittelmusiker mit "Wolltscherrrklängen bei Tengelmann" die Ehre: "Der Apfel ist rund,/ die Birne ist weich,/ die Form ist verschieden,/ es schmeckt alles gleich." Wer den passenden weichbirnigen Humor sucht, der schalte halt SAT1 und RTL ein, wer unter Hirnbenutzung lachen will, der gehe lieber zu Rebers.
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