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Lesungen? Literatur? Jenseits eines "Wie richte ich meinen Wintergarten ein" oder "Dialektabend bei Wein und Brezeln, es wird gebeten Bücher oder besser CDs zu kaufen anstatt den Dichter zu füttern"? Das gibt es - auch in Vaihingen. Bei der Lesereihe "Wortwechsel", die die Buchhandlung Burkhardt mit der inzwischen in Vaihingen ansässigen Initiative ligatur e.V. und unterstützt vom Förderkreis deutsche Schriftsteller in Baden Württemberg e.V. anbietet waren diesmal Anneke Pfaff aus Freiburg an der Dreisam und Armin Elhardt aus Freiberg am Neckar zu Gast.
Anfang 20 ist Anneke Pfaff und liest aus ihrem in Arbeit befindlichen Roman, dreißig Jahre älter ist Elhardt und liest Lyrisches begleitet von seiner Hintergrundmusik auf CD. Und dennoch gab es Ähnlichkeiten: Beide sind sie Arbeiter an der Sprache, beide nehmen sie vorgestanzte Worthülsen sicht so, wie sie daliegen. Aber das verdient einen genaueren Blick: Anneke Pfaff las aus den Anfangskapiteln ihres Bildungsromans "Stilleben" (sie besteht auf die alte Rechtschreibung) poetische Skizzen aus der Gefühls und Gedankenwelt eines ungeliebten Kindes. Dass sie auch singt und Texte dazu selbst verfasst merkt man: Musikalisch ist die Sprache, stark sind die Bilder. Nach außen unter der mangelnden Liebe verstummt baut sich das Kind in der Stille seines Kinderzimmers einen Schutzraum, eine Welt der belebten Dinge, die es tröstet und findet dort Sicherheit.
Eine Leseperformance im Dialog mit Elektroeffekten bietet Armin Elhardt und schrammt (ja, ein Wortspiel) damit nahe am Kabarett vorbei. Zu hören ist Experimentalliteratur auf der Basis von 400 Jahren Literaturgeschichte, die für Elhardt nicht nur tägliches Brot ist - denn er ist Deutschlehrer am Gymnasium - sondern auch Inspiration und Spielmaterial für sein Schreiben und Vortragen. Das Ganze ist auch Kopfliteratur und nicht überall, wo ein Lacher angebracht wäre oder zumindest ein Grinsen reagiert das Publikum. Man ist vielleicht doch eher den braven Autor mit Wasserglas gewohnt. Hier heulen vom CD-Player verzerrte Gitarren, gibt das Rhythmusgerät den Takt vor. Manchmal scheint durch die Zeilen etwas Jakob van Hoddis durch, aber eben einer, wie er heute schreiben würde: "Mene, Tekel, Upharsim" intoniert der Autor und zeichnet in einem Text, der schon vor dem Sündenfall der Zwillingstürme in New York entstanden ist eine Welt, in der nichts sicher ist. Elhardt rappt: "am tag deiner beerdigung / zerfällt die welt zu pferdedung" und bastelt aus Originalzitaten des Monteurs und Kritikers Arno Schmidt einen "Arno Schmidt Blues" Die Anlage im kleine Raum pfeift etwas, das Publikum jedoch klatscht und wenn die Literatur des 21 Jahrhunderts einen Sound hat, dann diesen.
Oliver Gassner
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