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Der Ohr-Beachter

Wendelin Niedlich tritt erstmals als Autor auf

(oo) Gewagt ist das schon: Wendelin Niedlich liest zum Thema "Langeweile". Der Journalist nutzt den Hinweg für Vorüberlegungen: Wie anfangen? Mit dem Hinweis auf den Verweis, deutsche Literatur sei zu langweilig? Oder dem Bonmot von Walter Jens, ein Text, der Langeweile schildere, habe selbst keine Berechtigung, deswegen langweilig zu sein?

Wendelin Niedlich macht dem Journalisten einen Strich durch die Rechnung und beginnt mit einer "geständnisähnlichen Durchsage". Es soll gar nicht um Langeweile gehen, das war lediglich ein Versprecher. Denn während Langeweile, sei es in Schule oder Diskothek, in Lärm ausarte, gehe es heute vielmehr um Stille, die "spannend sei, wie eine Kriminalstory". Ein Paradoxon: Vorlesen zum Thema Stille. Und nicht das letzte Paradoxon an diesem Abend:

Das Publikum sitzt zwischen 18 und 20 Uhr im Stuttgarter Café Weiss. Der Text behandelt die Stille im Zeitraum zwischen 18 und 20 Uhr im Cafe Weiss. Das Spiel zwischen Text und Raum, Stille und Sprache kann beginnen. Neudeutsch heißt das dann "Event" oder Soziologendeutsch "Ereignis". Nennen wir es, besser: Spannend.

Niedlich entfaltet ein Tableau aus Gegenständen und drei Anwesenden: Dem Hausherrn Heinz Weiss, dem Oberkellner Ranko und dem "Berichterstatter". Der Blick wandert über geräuschlose Stühle, stille Wasser, lagernde Whiskys. "Wenn wenigstens der Boden sich räuspern würde", wünscht sich der "Ohrbeachter". Mit eindringlich-leiser Mikrofon-Stimme zelebriert Niedlich diese Meditation der Stille, spiegelt im Text den Raum, die Menschen, sich selbst, oder, pardon: den "Berichterstatter oder Beobachter oder Erzähler", spielt mit den Anwesenden und lenkt ihren Blick über die Gegenstände.

Zwischen den Zeilen lauern Literaten, gespickt ist der Text mit markierten und unmarkierten Zitaten von Goethe bis Heißenbüttel. Die Stille ist eine "orchestrale", eine Ruhe vor dem beginnenden Lärm-Konzert der Gäste. Die Spannung entfacht die Phantasie der Figuren: Ranko stellt sich ihn abküssende junge Amerikanerinnen vor, der Erzähler halluziniert einen Schuss auf die unsichtbare Köchin - der versprochene Krimi. "Tötet nicht Maria, schon wegen der Schinkennudeln." Da schließt sich der Journalist an: Die Schinkennudeln sind erstklassig.

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