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0.0 wenn von "texten" die rede ist, so versteht sich hierunter auch die
multimediale kombination von kommunikaten.
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0.1 wenn von "texten" die rede ist, so sind auch sachtexte gemeint.
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0.2 wenn von "netzliteratur" die rede ist, so sind texte mit künstlerischem
anspruch gemeint, ohne dabei auf einem klassischen autorenbegriff zu bestehen.
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0.3 der koordinator von maschinellen oder kollektiven texterstellungsprozessen
kann z.b. textoperator genannt werden.
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1.0 texte im netz liegen in elektronischer form vor. als datei ohne "substanz".
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1.1 elektronische texte sind leicht veränderbar.
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1.2 elektronische texte im netz entstehen und verändern sich in kollektiven
prozessen. (beispiele: RFCs, FAQs etc.)
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1.3 diese prozesse laufen nach technischen und sozialen "protokollen" ab.
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1.3.1 die protokolle sind selbst der veränderung unterworfen. sie stehen
teilweise zur diskussion, teilweise entziehen sie sich auch diesem
"demokratischen" zugriff.
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2.0 konstitutiver faktor des netzes ist die kommunikation, die es
ermöglicht.vor. als datei ohne "substanz".
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2.1 konstitutiver faktor von netzlitertur ist, dass kommunikation zum
unabdingbaren bestandteil von texten wird.
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2.2 netzliteratur nutzt einen oder mehrere kommunikative protokolle des netzes
(z.b. email, file transfer,www/html, chat etc.) als _wesentliches_ element
des textes.
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2.3 _wesentlich_ ist das benutzte element dann, wenn durch dessen "entfernung"
aus dem text der text eigenschaften (signale) verliert, die dessen
rezeptionsweise verändern oder seine produktionsweise verschleiern.
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2.4 eine der rezeptionsweisen von text im netz ist der der verlust der
anfang-mitte-ende-sequenz im hypertext: der text verliert anfang und ende,
ohne unendlich zu sein.
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2.4.1 diese rezeptionsweise ist nicht _nur_ im netz vorhanden aber ausserhalb
des netzes nur schwer in gleicher weise emulierbar.
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2.4.2 der text im netz ist _theoretisch_ auch unendlich in raum (speicherplatz)
und zeit (daten altern nicht, da sie substanzlos sind).
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2.5 produktionsweisen von text im netz sind zitat und reaktion,
rückkoppelung und demokratische abstimmung.
© Oliver Gassner, 27.2.1997
Ein Definitionsversuch
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ZEIT & Softmoderene verwechseln "Hyperfiction" mit "Netzliteratur". Sie
_meinen_ Hyperfiction, _sprechen_ aber von Netzliteratur. Wahrend Hyperfiction
"nur" HTML und dessen Plugins nutzt (faktisch also "hoechstens" das
http-Protokoll aus der Internet-Suite benutzt bzw. eben ganz ohne das Netz
"an sich" auskommt), waere "Netzliteratur" eine Kunstform, die als notwendige
(aber nicht hinreichnde) Bedingung auf einen kreativen Prozess basiert, der
durch vernetze Kommunikation bestimmt (oder zumindest tangiert) wird.
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"Netzliteratur" ist so _weit_ wie moeglich zu fassen.
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Es bringt wenig, Netzliteratur so zu definieren, dass einige Texte "durch
das Raster" fallen. (Das ist das _Gegenteil_ eines zu offenen Kunstbegriffs,
auf den Kunstcharakter der "Arbeiten" wuerde ich weiterhin beharren.
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Es geht darum, die Texte "formal" nicht einzuschraenken. d.h. ein literarischer
Papiertext, der massiv von Netzkommunikation beeinflusst ist, waere nach
dieser Definition ebenfalls "Netzliteratur".)
© O. Gassner August 1997
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